Hans-Martin Esser von Massengeschmack-TV im Gespräch mit Ralf Schuler (Bild) über die Meinungsfreiheit in Deutschland
“Ich finde das eigentlich schon ziemlich hündisch, wenn deutsche Parlamentarier ruhig bleiben unter dem Gesichtspunkt; nur die Koalition nicht gefährden, damit man vom Präsidium vorne nicht gesehen hat, dass man eine missliebige Meinung unterstützt. Weil ein Abgeordneter in einem freien Parlament hat ja eigentlich nichts zu befürchten. Also allenfalls bekommt er irgendeinen Job in der Fraktion nicht und kriegt eine Funktionszulage von 2000 Euro gestrichen. Da muss man dann aber mal durch, wenn man eine eigene Meinung hat.
Und ich erlebe da die gleichen Reflexe, die ich aus der DDR kenne, dass man sagt: »Ja, ich will aber erst mal gucken, vielleicht kriege ich den Sprecherposten für Arbeit und Soziales, und dann kann ich ja viel mehr bewirken.« Und so lief das damals auch. Und am Ende haben nicht die Personen dann das System geändert, sondern das System hat die Personen umgeformt.
Und ich wundere mich, dass es unter den Bedingungen der Freiheit ähnliche Tendenzen gibt, dass die Leute dann lieber ihren Mund halten, um einfach nur materielle Vorteile zu haben oder um ihre Ruhe zu haben.“